Warum sedieren?
Zahnbehandlungen führe ich in der Regel NUR unter Sedation durch. Dies hat für alle Beteiligten große Vorteile:
Für den Patienten
Bei der Zahnbehandlung versuche ich durch die Bearbeitung von Backen- und Schneidezähnen eine gleichmäßige Druckverteilung auf Kiefergelenk, Backenzahn- und Schneidezahnkaufläche zu erreichen. Des Weiteren sollen fehlbelastete Zähne entlastet und schiefe Kauflächen wieder funktionell an das Kauverhalten des Pferdes angepasst werden.
Die Beurteilung der Druckverhältnisse ist nur in einem entspannten Zustand möglich. Nur dann kann man den Unterkiefer verschieben, um die Reibung der Kauflächen zu testen und die Länge der Schneidezähne einzuschätzen. In diesem entspannten Zustand können kleine und präzise Korrekturen vorgenommen werden, die zum gewünschten Ziel führen.
Dem Pferd als Fluchttier kann niemand erklären warum es in einer Situation die für es sehr fremdartig und beängstigend sein kann nicht ausweichen soll. Auch dass es das Maul nicht schließen kann, erschließt sich ihm sicherlich nicht direkt. Kindern kann man den Zahnarzt erklären, gemeinsam Bilderbücher ansehen und den Zahnarztbesuch anfangs spielerisch gestalten. Diese Mittel stehen uns für das Pferd nicht zur Verfügung.
Die Sedation entspannt die Kaumuskulatur und vermeidet, dass das Pferd krampfhaft versucht das Maul zu schließen. Dieser Kampf gegen das Maulgatter belastet nicht nur die Kaumuskulatur, sondern auch die Kiefergelenke und kann die Schneidezähne beschädigen. In Paniksituationen kann ein Pferd nicht nur sich selbst sondern auch allen Umstehenden großen Schaden zufügen, erst recht wenn es ein 2kg schweres Maulgatter aus Metall am Kopf trägt. Zudem arbeite ich, der Länge der Kaufläche der Backenzähne geschuldet, mit langen Instrumenten, die präzise geführt werden müssen. Ruckartige Bewegungen des Pferdes und besonders ein plötzliches nach vorne stürmen kann schwere Verletzungen verursachen und starke Blutungen im Gaumenbereich zur Folge haben.
Die Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen die uns heute zur Verfügung stehen haben sich in den letzten 15 Jahren stark verändert und verbessert. Mittlerweile ist es möglich für nahezu jeden Patienten die passende und den Kreislauf schonende Dosierung zu finden und damit eine entspannte Untersuchungssituation zu schaffen. Ich gehe dabei stets nach dem Prinzip „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ vor und sediere lieber ein oder zweimal in kleinen Mengen nach, um einen dauerhaft niedrigeren, gleichmäßigeren Wirkstoffspiegel zu erreichen. Das bedeutet dann nicht, dass Ihr Pferd besonders viel Sedierung benötigt, sondern nur, dass ich darauf verzichte anfangs große Mengen zu geben, um zum Schluss noch einigermaßen arbeiten zu können.
Für Sie:
Das eben erwähnte Maulgatter ist für die adäquate Untersuchung und Behandlung Ihres Pferdes zwar unerlässlich, für Sie selbst aber eine der größten Gefahren am Kopf ihres Pferdes.
Schon eine kleine Ausweich- oder auch Abwehrbewegung reicht aus, um am Kopf des Menschen schwere Verletzungen zu verursachen.
Aus diesem Grunde arbeite ich neben der schon erwähnten Sedierung mittlerweile auch nur noch mit einer Aufhängevorrichtung in die das Pferd seinen Kopf ablegen kann. Das kraftraubende Hochhalten des schweren Pferdekopfes auf der Schulter entfällt dadurch. Ihr Rücken wird geschont und Sie haben gleichzeitig die Gelegenheit auch einen Blick ins Pferdemaul zu werfen und sich die Befunde zeigen und erklären zu lassen.
für mich
Es ist wohl nicht weiter erwähnenswert, dass es die Zahnbehandlung mit sich bringt, dass man sich dabei auch vor dem Pferd aufhalten muss. Viele der Untersuchungen und Behandlungen führe ich nicht nur im Stehen, sondern zum Teil auch im Hocken oder Sitzen durch. Das bedeutet zwar für das Pferd, dass es den Kopf nicht dauerhaft in einer hohen Position halten muss.
Als Behandelnde befinde ich mich aber unter Umständen in einer Position aus der ich nur schlecht aus der „Schusslinie“ komme. Da das Fluchttier Pferd in Angst- oder Panikzuständen nun einmal dazu neigt die Flucht nach vorne anzutreten, verringert die Sedation durch ihre angstlösende Wirkung auch die Gefahr für mich.